Rudolf Kastner im Interview
Nach 26 Jahren an der Spitze: Rudolf Kastner im Ruhestand
Herr Kastner, wie kamen Sie vor über 25 Jahren zur EGT?
Nach dem Studium der Elektrotechnik an der Technischen Universität München war ich ab 1977 sieben Jahre weltweit für den Siemens-Konzern als Inbetriebnahmeleiter von Schaltanlagen-und Großkraftwerken im Einsatz und wechselte danach zum Schweizer Energieversorger Kraftwerk Laufenburg, das damals mehrheitlich zum größten Schweizer Energie- und Industriekonzern Elektrowatt gehörte.
Obwohl ich 1993 auf meiner Suche nach einer neuen unternehmerischen Herausforderung grundsätzlich nicht im Fokus hatte, zu einem kleineren Regionalversorger zu wechseln, fiel meine Wahl dennoch auf die EGT.
Sie war als regionaler Strom- und Gasversorger auch im Bereich der Elektroinstallation tätig und hier sah ich gute Möglichkeiten, meine vielfältigen Erfahrungen sowohl im Elektrotechnischen Anlagenbau als auch in der Energieversorgung einzubringen.
Was sehen Sie als die wichtigsten Meilensteine in Ihrer Zeit bei der EGT?
Ich kam mit einer klaren Wachstumsstrategie für die EGT in das Unternehmen.
Zum einen sollte das Unternehmen die Chancen der Liberalisierung des Energiemarktes nutzen, zum anderen bot der deutschlandweit fragmentierte Markt im Bereich der Elektroinstallation große Wachstumsmöglichkeiten.
Auf dem Weg zur heutigen starken Marktposition galt es für den Bereich Elektrotechnische Gebäudeausrüstung von 1994 bis 2004 die längste Baurezession in der Nachkriegsgeschichte zu meistern und für den deutschlandweiten Energievertrieb sollte die Weltwirtschaftskrise 2008 bis 2010 die größte Herausforderung der EGT werden.
Bis zur Liberalisierung des Energiemarktes im Jahr 1999 war das gesamte Energiegeschäft durch Monopolstrukturen geschützt.
Es war ein großer Kraftakt, die EGT aus diesen Strukturen zu einem in einem harten Wettbewerb erfolgreichen Energiedienstleistungsunternehmen in Deutschland zu entwickeln.
Entsprechend groß war auch der Kraftakt, aus einem handwerklich geprägten Elektroinstallationsunternehmen ein leistungsstarkes Projektmanagementunternehmen für große und komplexe Bauvorhaben im Bereich der Elektro- und Informationstechnischen Gebäudeausrüstung in Südwestdeutschland zu formen.
Im Jahr 1999 wurde die Unternehmensstruktur neu geordnet. Die EGT wurde in eine AG als strategisch führende Dachgesellschaft umgewandelt.
Die unterschiedlichen Geschäftsbereiche agierten fortan als eigenständige Tochtergesellschaften unter dem Dach der Holding. Ein weiterer wichtiger Meilenstein war nach fast siebenjähriger Vorarbeit die Gründung der aquavilla GmbH im Jahr 2002.
Mit diesem Unternehmen entstand der Nukleus einer interkommunalen Zusammenarbeit für den Bau und Betrieb von Wasserversorgungsnetzen, das heute mit inzwischen 7 kommunalen Mitgesellschaftern auf eine erfolgreiche Entwicklung zurückblickt und bundesweit als wegweisendes Beispiel gilt.
Und der vorerst letzte Meilenstein für mich: Es ist uns gelungen, den Aktionärskreis mit einem strategischen Partner auf Augenhöhe, dem Albwerk aus Geislingen, zu erweitern.
Ein Partner, der auch die Branchen und die Geschäftsbereiche der EGT bestens kennt und mit dem wir gemeinsam Zukunft gestalten können.
Wo sehen Sie künftige Potentiale und Herausforderungen für die EGT und unsere Branche?
Zunächst hat die EGT genügend qualitative und quantitative Wachstumspotenziale in ihren Geschäftsbereichen Energienetze, Energieservices sowie Elektro- und Informationstechnische Gebäudeausrüstung.
Zwei Herausforderungen möchte ich jedoch hervorheben: Der Energiebereich ist weiter im Umbruch.
Dezentralisierung, Digitalisierung und Dekarbonisierung prägen die Energieversorgung von heute und morgen.
Die EGT ist für die Bewältigung dieser weiteren Herausforderung gut aufgestellt.
Auch hier gilt es wiederum ausden vermeintlichen Bedrohungen der alten Energiewirtschaft Chancen für die zukünftige Unternehmensentwicklung zu schaffen.
Aktuell arbeiten wir an einem neuen Geschäftsmodell für integrale Energielösungen für unsere Kunden.
Wir wollen für sie Realisierungspartner für CO²-arme Energieversorgungskonzepte für Strom, Wärme und Kälte mit maximalem Autarkiegrad sein.
Von der Beratung, Analyse, Konzepterstellung, -bewertung und -empfehlung bis hin zur Realisierung und der laufenden Betreuung im Betrieb wollen wir hier mit unserem Netzwerk an Kooperationspartnern für unsere Kunden echte Werte aus einer Hand schaffen.
Ergänzt werden soll diese Dienstleistung in weiterer Zukunft durch eine digitale Plattform, über die nicht nur die Eigenerzeugung optimiert sondern auch ein Stromaustausch mit Dritten, die an der Community der Plattform teilnehmen, ermöglicht werden kann.
Der Einzug der Digitalisierung in die gesamte Gebäudetechnik wird eine weitere Herausforderung für die EGT in ihrem Geschäftsbereich der Elektro- und Informationstechnischen Gebäudeausrüstung sein.
Die elektrotechnischen Anlagen sowie Heizung, Klima und Lüftung in einem Gebäude werden über die Digitalisierung der gebäudeinternen Prozesse in Zukunft immer stärker vernetzt sein.
Wir wollen unser Leistungsspektrum dementsprechend erweitern und auch hier in Zukunft erster Ansprechpartner für die Realisierung von Smart Building Konzepten sein.
Ich freue mich darauf, die EGT in meiner neuen Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender auf dem weiteren Weg begleiten zu können.
Was sind Ihre persönlichen Pläne für Ihren Ruhestand?
„Wie herrlich ist es, nichts zu tun und dann vom Nichtstun auszuruhn.“ So ganz nach Heinrich Zille werde ich meinen Ruhestand allerdings nicht gestalten.
Dafür wird schon die EGT sorgen. Ich freue mich aber auf meine zusätzlichen Freiheitsgrade bei der Gestaltung meines zukünftigen Lebens. Ab jetzt steht meine Familie im Fokus.
Und meine vielfältigen vernachlässigten Hobbies, wie Golfen, Skifahren, Wandern, Bergsteigen, Segeln, Lesen, Konzerte von Pop, Jazz, Blues bis Klassik sowie Reisen zu lebens- und liebenswerten Zielen in dieser Welt.
Letzteres auch, um meine Kinder in den USA und Argentinien zu besuchen, gerne aber auch Reisen in meine erste Heimat, den Chiemgau und das Salzburger Land.
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